Gibt Saft und Kraft
Eiweiss – so wichtig ist der Allround-Nährstoff
Die Bedeutung von Eiweiss für die Muskulatur ist vielen bekannt. Dass es auch für die allgemeine Gesundheit und ein gutes Aussehen wichtig ist, wissen nur wenige. Ohne Proteine würden auch Haut und Haare nicht gut ausschauen.
Dem ursprünglichen, aus dem Griechischen stammenden Begriff Protein (Eiweiss) kommt die Bedeutung „das Erste“ oder „den ersten Platz einnehmen“ am nächsten. Bezogen auf die Bedeutung der drei Makronährstoffe Fett, Kohlenhydrate und Eiweiss für den menschlichen Organismus trifft dies mehr denn je zu. Proteine sind mitverantwortlich für die Übertragung genetischer Informationen sowie für Transport und Speicherung lebenswichtiger Substanzen im Körper. Als Bestandteil von Enzymen (Biokatalysatoren) regeln sie den Ablauf von Stoffwechselvorgängen und als Teil der Hormone das hormonelle Gleichgewicht. Bei körperlich und geistig hoher Beanspruchung sowie durch den Menstruationszyklus wird das Hormonsystem stark beeinflusst. Ohne eine angemessene Eiweisszufuhr stellen sich hier regulatorische Defizite ein.
Als sogenannte Rezeptorproteine übermitteln Eiweisse Nervenimpulse und Informationen. Sie sind damit in Konzentrations- und Koordinationsprozesse involviert. Im Immunsystem kann Eiweiss in Form von Antikörpern an Fremdsubstanzen andocken, diese markieren und unschädlich machen. Bei unzureichender Eiweissversorgung, egal ob quantitativ oder qualitativ, wird die Erholungsfähigkeit nach Anstrengungen durch Sport oder Stress herabgesetzt, die Infekt- und Verletzungsrisiken steigen.
Die Schönheits-Proteine
Hauptbestandteil von Haaren und Nägeln ist das Eiweiss Keratin. Haut, Bindegewebe und Knochen bestehen zu etwa einem Drittel aus dem Faser- und Strukturprotein Kollagen. Eine zu niedrige Eiweisszufuhr kann zu Haarausfall, Müdigkeit, Falten und Augenrändern sowie allgemeiner körperlicher Schwäche führen. Besonders die Haut leidet unter einer geringen Proteinzufuhr. Durch zu wenig oder qualitativ minderwertiges Eiweiss wird das Bindegewebe schwach und die Haut schlaff. Eiweissreiche Lebensmittel sind daher der Grundstein für volles Haar, stabile Nägel und glatte Haut. Da Proteine dem Muskel die benötigte Bausubstanz liefern, verbessert sich das Körperbild durch straffere Muskeln bei ausreichender Eiweisszufuhr – ein entsprechendes Training vorausgesetzt. Die offiziellen Zufuhrempfehlungen der Fachgesellschaften liegen für gesunde Erwachsene bei 0,8 Gramm Eiweiss pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag. Bei 60 Kilogramm Körpergewicht würden folglich 48 Gramm Eiweiss täglich als ausreichend erachtet, eine mittlere Eiweissqualität vorausgesetzt. Diese Empfehlung beinhaltet bereits einen 30-prozentigen Sicherheitszuschlag und soll den Eiweissbedarf von 97,5 Prozent der Bevölkerung sicher abdecken. Der eigentliche „Bedarf“ an Eiweiss liegt deutlich unter der Zufuhrempfehlung bei nur ca. 0,6 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag. Die Zufuhrwerte sind derzeit allerdings stark umstritten. Stress, lange und intensive körperliche Aktivität, Krankheiten, Infekte oder die Rekonvaleszenz erhöhen den Eiweissbedarf. Bei niedrigem Kohlenhydratverzehr werden in der Leber bestimmte Aminosäuren zu Traubenzucker (Glucose) umgebaut und zur Energiegewinnung herangezogen. Daher ist eine angemessene Kohlenhydratzufuhr während langer körperlicher und geistiger Aktivitäten auch ein Schutz vor Eiweissabbau.
Wann es mehr sein sollte
Für Aktive, stark Gestresste, für gutes Aussehen und nach Krankheiten erscheinen Eiweissmengen von 1,2 bis 1,6 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht als empfehlenswert. Die Eiweissmenge pro Portion, sowohl beim Frühstück als auch beim Mittag- und Abendessen, sollte 20 dabei Gramm nicht unterschreiten. Zielgerichtet erhöhen lässt sich der Eiweissanteil durch Magerquark oder fettarmen Sauermilchkäse, Fisch wie Kabeljau, Thunfisch und Scholle, mageres Fleisch (Geflügel), Eier, Sojaprodukte wie Sojadrinks, Amarant, Quinoa, Hafer, Hülsenfrüchte und Nüsse. Grundsätzlich sollte der Eiweissbedarf über natürliche Lebensmittel gedeckt werden. In besonderen Situationen kann der Einsatz spezieller Eiweisspräparate sinnvoll sein.
Jungbrunnen von innen
Glutamin weist die höchste Konzentration aller Aminosäuren im Blutplasma, der Muskulatur und im Gehirn auf. Der Bedarf steigt bei hoher körperlicher und geistiger Beanspruchung sowie bei Stress. Der menschliche Körper kann Glutamin aus Glutaminsäure selbst herstellen. Mit zunehmendem Alter wird die körpereigene Produktion geringer und ist bei aktivem, zeitgemässen Lebensstil oft nicht mehr ausreichend.
Die ausreichende Versorgung mit Glutamin oder seiner Vorstufe, der Glutaminsäure, unterstützt Haut und Haare bei der Neuproduktion von Zellen und verlangsamt so eine schnelle Hautalterung. Glutamin steigert die Produktion des wichtigen Neurotransmitters Gamma- Amino-Buttersäure (GABA). Sie fördert die innere Ruhe und hilft, Stresssituationen besser zu meistern. Glutamin wirkt zudem regulatorisch im Säure- Basen-Haushalt. Glutamin ist in natürlichen Lebensmitteln in relevanten Mengen enthalten, z. B. in Quark, Milch und Joghurt sowie in Fleisch und Sojaeiweiss. Für Erwachsene ist Glutamin/Glutaminsäure zwar nicht essenziell – die vom Organismus produzierte Menge kann den Bedarf bei chronischem Stress und mit zunehmendem Alter aber eventuell nicht optimal decken. Dann scheint eine Ergänzung sinnvoll zu sein. Als nützliche Nahrungsergänzung auch für Veganer ist es in speziellen Aminosäure-Kapseln aus Milch- und Molkenproteinen plus Glutaminsäure enthalten.
Bei Kreatin handelt es sich um eine körpereigene Verbindung aus den Aminosäuren Arginin, Methionin und Glycin. Kreatin findet sich in Fleisch und Fisch, vor allem im Hering. Sportler nutzen Kreatin seit vielen Jahren als sichere und nebenwirkungsfreie Nahrungsergänzung zur Leistungsunterstützung. Um die körpereigenen Speicher aufzufüllen und zu erweitern sind Nahrungsergänzungen notwendig. Je mehr Kreatin vorhanden ist, desto länger kann der Muskel bei individuell höchster Intensität Leistung bringen. Kreatin hat einen positiven Wirkungsnachweis von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) erhalten. Aktuelle Studien dokumentieren, dass auch Gesundheitsorientierte von Kreatin profitieren können.
Anti-Aging-Effekte
Ein hoher Kreatin-Pool scheint sich positiv auf Cholesterin- und Triglyceridwerte sowie auf bestimmte Leberwerte auszuwirken. Kreatin besitzt auch antioxidative Eigenschaften und soll die kognitive Leistungsfähigkeit unterstützen können. Daneben soll es dabei helfen, typischen Alterserscheinungen wie Sarkopenie und Knochenschwund entgegenzusteuern. Kreatin könnte damit ein wirksames Anti-Aging-Mittel sein. In Langzeitstudien haben sich bislang keine relevanten Nebenwirkungen durch eine Kreatin- Supplementation gezeigt. Die tägliche Dosis lag dabei kurzfristig meist bei ca. 0,3 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht. Mittel- und langfristig erscheinen ca. drei bis dreieinhalb Gramm Kreatin als Kreatinmonohydrat am Tag sinnvoll. Wichtig ist ein qualitativ hochwertiges Produkt. Fazit: Aus den heutigen Lebensumstände ergibt sich oft ein erhöhter Bedarf an Eiweiss. Er kann über die Zufuhr natürlicher proteinreicher Lebensmittel gedeckt werden. Bei insgesamt geringer Energieaufnahme, einseitiger Ernährungsweise und eingeschränkter Lebensmittelauswahl können Eiweisspräparate den erhöhten Bedarf decken.
Aminosäuren als Bausteine – ein Blick auf die grundlegenden Details
Aminosäuren sind lebenswichtige Eiweissuntereinheiten. Jedes Protein besteht aus einer charakteristischen Reihenfolge (Sequenz) von Bausteinen, den Aminosäuren. Von den 22 Aminosäuren, die für den Aufbau von Proteinen des menschlichen Körpers herangezogen werden, sind nur acht lebensnotwendig (essenziell). Sie müssen regelmässig in ausreichender Menge mit der Nahrung aufgenommen werden, da der Körper sie nicht selbst produzieren kann. Eine qualitativ hochwertige Lebensmittelauswahl beinhaltet daher immer einen möglichst umfassenden Pool aller acht essenziellen Aminosäuren. Die acht essenziellen, also lebensnotwendigen Aminosäuren sind: Isoleucin, Leucin, Valin, Lysin, Methionin, Phenylalanin, Threonin und Tryptophan.
Autor:
Uwe Schröder ist Oecotrophologe am Institut für Sporternährung e.V. Bad Nauheim. Er betreut wissenschaftliche Studien des Instituts und ist zuständig für die Ernährungsberatung der Sportklinik Bad Nauheim. Er ist Buchautor und verfasst Artikel, u. A. bei KOSMETIK international.
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Text: Uwe Schröder
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