FACE & BODY

Männer als Kunden

Anti-Aging? Hyaluronsäure? Damit kann man(n) meist nichts anfangen. Klar: Männer haben in Sachen Hautpflege andere Bedürfnisse und Ansprüche als Frauen. Welche das sind und wie männliche Kunden ticken, verrät Christoph Wendt

Veröffentlicht am 26.05.2021

Der Männer- Experte

Christoph Wendt führt gemeinsam mit Michael Gebhardt seit Juni 2017 das Institut «Prachtburschen» in Münster. Mit ihren drei Mitarbeiterinnen richten sie sich ausschliesslich an Männer. Christoph Wendt ist Kosmetiker und arbeitete vor der Selbstständigkeit viele Jahre im Vertrieb, während Michael Gebhardt als Diplom- Ingenieur das Marketing betreut. Im März 2019 gewannen sie «Gloria – Deutscher Kosmetikpreis» in der Kategorie «Unternehmensgründung ».  

 

 Was ist in Sachen Hautpflege der grösste Unterschied zwischen Mann und Frau?

Den Mann muss man im Gegensatz zur Frau dafür sensibilisieren, dass Pflege und Reinigung zu Hause gut und wichtig sind. Denn die Frau wird damit gross, wurde ihr es doch meist von ihrer Mutter erklärt. Dieser Wissenstransfer fand in der Vergangenheit von Vater zu Sohn nicht statt. Wenn, dann wurde gezeigt, wie man sich rasiert, aber über typgerechte Hautpflege wurde eher selten ein Wort verloren. Hier leisten wir jeden Tag aufs Neue Aufklärungsarbeit. Das bringt unser Konzept aber auch mit sich.

 

Was sind die Bedürfnisse von Männern, die zu ihnen kommen?

Als wir vor gut zwei Jahren eröffneten, gingen wir davon aus, dass die Männer zu uns kommen, um ihr Hautbild zu verbessern. Heute wissen wir: Daneben steht aber auch Entspannung im Fokus der Kunden. So vereint unsere meistgebuchte Behandlung, die «Prachtburschen Premium»-Gesichtsbehandlung, hauttypgerechte Pflege und Wellness. In dieser ist eine 20-minütige Gesichtsmassage inkludiert. Wenn jedoch die Entspannung bei einem Kunden an erster Stelle steht, dann bucht er eine der drei «Prachtzeit»-Behandlungen.

 

Kommen ihre Kunden mit genauen Vorstellungen zu euch?

Oft kommen sie mit dem Wunsch, die Haut reiner haben zu wollen, oder der Feststellung, dass die Haut gerötet ist. Die meisten haben aber keine genaue Vorstellung, wie wir ihnen helfen können – alleine schon aus dem Grund, dass sie sich etwa nicht mit apparativer Kosmetik auskennen. Deshalb wissen sie auch nicht, was ergänzend oder unterstützend gemacht werden kann. Wenn wir etwa bei einer Couperose empfehlen, die Gesichtsbehandlung mit einem Ultraschall zu kombinieren, dann verlassen sie sich auf uns und tun das meistens auch. Dieses Vertrauen ist schön.

 

Apropos Ultraschall. Sind Männer denn für apparative Behandlungen zu haben? Immerhin sind sie ja oft technikaffin ...

Das ja, aber viele schrecken alleine deshalb vor apparativen Behandlungen zurück, weil diese weitaus kostenintensiver sind. Und dass ein Kunde gleich bei seinem ersten Besuch eine Mikrodermabrasion bucht, ist sowieso selten. Viel häufiger ist, dass er mit einer Gesichtsbehandlung startet und dann von uns auf eine apparative Behandlungsmöglichkeit aufmerksam gemacht wird, von der er dann auch inzwischen oft Gebrauch macht.

 

Welche Rolle spielt Anti-Aging?

Ein Mann würde nie das Wort «Anti-Aging» in den Mund nehmen! Wir haben mittlerweile knapp 2000 Gesichtsbehandlungen hinter uns, und ich würde schätzen, «Anti-Aging» hörte ich dabei vielleicht zehnmal aus dem Munde eines Kunden. Das liegt wohl daran, dass man Männern nachsagt, dass sie im Alter reifer, markanter, interessanter werden – aber nicht unbedingt faltiger. Deshalb kommen Männer gar nicht auf die Idee, «gegen das Alter» arbeiten zu müssen.

 

Was sind denn genau die Besonderheiten der Männerhaut?

Sie altert langsamer, bildet dafür aber ausgeprägtere Falten. Deshalb auch diese Assoziation, dass der Mann im Alter markanter wird. Die Männerhaut ist von Natur aus eigentlich dicker und somit robuster. Doch die Rasur wiederum macht sie oft sensibler.

 

Was sind die häufigsten Hautprobleme, die euch begegnen?

Gerötete Haut, Unreinheiten, vergrösserte Poren oder Fettglanz, der dadurch entsteht, dass Männer mehr Talgdrüsen besitzen. Wobei es da auch auf das Alter des Kunden ankommt: Unser jüngster Kunde ist 13. Der kommt wegen anderer Bedürfnisse als einer mit 87: Letzterer setzt eher auf Entspannung und will es sich gut gehen lassen, während der 13-Jährige eher seine Unreinheiten bekämpfen will. Bei den 30- bis 50-Jährigen wollen viele die Karriereleiter höhersteigen und sind sich bewusst, dass hierbei auch optische Aspekte eine Rolle spielen, so oberflächlich das auch klingt. Diese Altersgruppe will oft das Hautbild auffrischen und so agiler wirken. Ich glaube, deshalb wird unsere Gesichtsbehandlung auch so häufig gebucht: Wenn wir mit jemandem kommunizieren, schauen wir ihm ins Gesicht. Den Rest kann man durchaus verstecken.

 

Kann man sagen, dass Männer heutzutage mehr auf ein gepflegtes Äusseres achten als noch vor 20 Jahren?

Definitiv. Was dabei sicherlich mit eine Rolle spielt, ist, dass längst nicht mehr der Mann das Geld verdient und die Frau «nur» das schöne Geschlecht ist – im Gegenteil: Die Frau will einen gepflegten Mann an ihrer Seite haben. Was man in Sachen Männerpflege auch nicht vergessen darf, sind Kampagnen wie die im März eingeführte Männerpflege-Linie «Seinz» inklusive eigenem Regal bei DM. Sie trägt dazu bei, Männer für Hautpflege zu sensibilisieren, was auch der professionellen Dienstleistungskosmetik ungemein hilft. Wobei sich bei mir ja die Fussnägel hochrollen, wenn ein Kunde sagt, dass er ein Produkt in der Drogerie gekauft hat. Er weiss ja meist gar nicht, welches für seine Haut geeignet ist – und kauft oft das falsche, mal abgesehen davon, dass die Wirkstoffkombination bei einem Zehn-Franken-Produkt nicht ganz so ausgeprägt sein kann.

 

Wie sieht Ihre fachgerechte Beratung in solchen Fällen genau aus?

Wir starten immer mit einer computergestützten Hautanalyse. Bei der Beratung von Männern ist es wenig sinnvoll, mit etwa Aloe vera oder kurz-, lang- und mittelkettigen Hyaluronsäuren als Wirkstoff zu argumentieren. Denn das verstehen sie in der Regel nicht. Deshalb muss der Kosmetiker darlegen, warum ein Produkt das richtige für sein Hautbedürfnis ist. Und was auch immer ganz wichtig ist, ist zu erklären, wie Produkte anzuwenden sind. Dafür haben wir einen Hauttrainingsplan erstellt, der aufgeteilt ist in «Pflegeanfänger», «Fortgeschrittener» und «Pflegeprofi». Hier lassen sich dann fünf Pflegeschritte ablesen, wobei die Reinigung die Grundlage bildet.

 

Warum ist die Erwähnung der Reinigung so wichtig?

Oft wird mit Seife gereinigt oder nur mit Wasser. Oft hilft es, an dieser Stelle zu fragen: «Wie putzt du denn deine Zähne?» Oder: «Wie spülst du das Geschirr?» So merkt der Kunde, dass Reinigung auf keinen Fall nur mit Wasser funktioniert. Das Schöne ist ja, dass der Kunde alleine schon durch die Anwendung eines hauttypgerechten Reinigungsprodukts merkt, dass sich ein ganz anderes Hautgefühl ergibt. Dann fasst er auch langsam das Vertrauen in unsere Expertise und nimmt beim nächsten Mal vielleicht auch ein Gesichtswasser mit.

 

Wodurch zeichnen sich Männer als Kundengruppe aus?

Die Wertschätzung der männlichen Kunden gegenüber unserer Dienstleistung allgemein ist sehr hoch. Es fällt auf, dass sie sich nach der Behandlung bedanken. Es ist eine Kundengruppe, die zudem ein grosszügiges Trinkgeld gibt.

 

Kann man sagen, dass Männer im Institut unkomplizierter sind als Frauen?

Ich glaube, dass eine Frau oft denkt: «Es muss doch eine neue Methode geben, mit der ich noch jünger aussehe.» Oder: «Ich habe gelesen, dass …» Der Mann ist einfach unbedachter, weil unwissender, was Hautpflege betrifft. Dafür geht er aber auch umso entspannter und offener an das Thema heran.

 

 

Text: Nadine Schneider

Fotos: stock.adobe.com (1)

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