HEALTH & FITNESS

Wellness for Future

Ideen und Anregungen für mehr Nachhaltigkeit im Spa

Veröffentlicht am 14.01.2021

Um das Thema Klimawandel kommt heute keiner mehr herum – auch professionelle Wellness-Betriebe nicht. Gleichzeitig wächst das Bedürfnis der Menschen nach Entspannung und zeitweiligem Rückzug. Zwei Entwicklungen, die es zu nutzen gilt.

 

Man kann wohl guten Gewissens behaupten, dass kein anderes Thema im vergangenen Jahr den gesellschaftlichen Diskurs stärker dominiert hat als der Klimawandel. In Zeiten, in denen junge Menschen Freitag für Freitag auf die Strassen gehen, um die älteren Generationen auf den Status Quo aufmerksam zu machen und wachzurütteln, dürfen sich nun im neuen Jahrzehnt auch mal Branchen mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen, die primär dem Luxussegment zugeordnet werden.

Denn sind wir mal ehrlich: Wie relevant sind Anti Aging Facials und Slimming Body Wraps im Hinblick auf schmelzende Polkappen? Auf der einen Seite könnte man die Spa- und Wellness-Branche vor diesen Hintergründen als unnötig und überflüssig bezeichnen. Auf der anderen Seite war die Zahl der unter Burnout Leidenden aber auch nie höher als heute und die Dienstleistung „Retreat“ stand nie höher im Kurs.

 

Durchatmen und disconnecten

Der gesellschaftliche Wandel macht sich also auch in der Spa- und Wellness- Branche bemerkbar. Wir dürfen davon ausgehen, dass die Fokussierung auf die perfekte Hülle und der Drang zur Selbstoptimierung in all ihren Facetten zukünftig nicht mehr die Kernthemen unserer Bemühungen darstellen werden. Die Nachfrage nach echtem Rückzug, nach Durchatmen, Runterkommen, Disconnecten und „einfach nur sein dürfen“ hingegen wird stetig steigen. Und hier ist es egal, ob dieser Rückzug 90 Minuten dauert und im Kosmetikinstitut oder Day Spa stattfindet oder ob es sich hierbei um eine komplette Woche im Wellness-Hotel handelt.

Wenn wir diesen Retreat-Gedanken mal weiterspinnen und uns die Zielgruppe etwas genauer anschauen, die abtauchen, durchatmen und runterkommen will, wird schnell klar, dass bei Reduktion auf das Wesentliche nicht mehr viel Platz ist für das Hähnchenfleisch aus Massentierhaltung im Caesar Salad und die synthetisch müffelnden Frotteeschlappen aus Fernost. Die Wissenschaft bringt ja sehr präzise auf den Punkt, wie es um unseren Planeten steht. Für diese Fakten scheinen sich aber nach wie vor nur wenige Menschen zu interessieren. Da macht es sich doch ganz gut, dass die Nachfrage der „Next Generation Spa“ gut zum Thema Nachhaltigkeit passt. Wer also Veränderungen im eigenen Unternehmen umsetzen will, der kommt den Bedürfnissen der Gäste sehr entgegen.

Dieser Beitrag beleuchtet das Thema aus verschiedenen Perspektiven und enthält handfeste Tipps, die jedes Spa, Kosmetikinstitut und Wellness-Hotel umsetzen kann. Er soll aber auch sensibilisieren für einen Ressourcen schonenden Umgang im Day Spa at home.

Der Arbeitsalltag in der Spa- und Wellness-Branche ist nur wenig nachhaltig. Alleine im Hinblick auf Plastikmüll beginnt ein Day Spa in der Regel schon mit einem Paar Frotteeschlappen, das nicht nur selbst aus Plastik besteht, sondern auch nochmal zusätzlich in Plastikfolie verpackt ist. Losgelöst davon darf der Sinn dieser Schlappen auch ganz grundlegend mal infrage gestellt werden, da wir hier ja von Nassbereichen reden und sie sich in Lichtgeschwindigkeit mit Wasser vollsaugen. Das daraus resultierende feuchte, nass-kalte Tragegefühl hat mit Entspannung und Wohlbefinden für die meisten Menschen auf jeden Fall nichts zu tun.

Zu Wellness gehört Luxus. Wer als Gast nachhaltig sein will, bringt seine eigenen Flip Flops und Badetücher mit

Zu Wellness gehört Luxus. Wer als Gast nachhaltig sein will, bringt seine eigenen Flip Flops und Badetücher mit

Mit Schlappen oder barfuss?

Ein Anreiz, Gäste zum Mitbringen eigener Flipflops oder Badeschlappen zu animieren, könnte beispielsweise ein vergünstigter Tageseintritt sein. Oder aber man könnte Gäste, die ihre eigenen Flipflops mitbringen, mit einem leckeren Smoothie aufs Haus belohnen. Genauso gut könnte man aber auch einfach mal direkt fragen, ob die Kunden die Schlappen überhaupt brauchen und wünschen.

Zwischen den Saunagängen greifen die Gäste von Wellness-Einrichtungen vielerorts noch zu Einweg-Plastikbechern, die nach dem Austrinken umgehend in den dafür vorgesehenen Müll wandern. Natürlich ist Glas im Nassbereich aus guten Gründen tabu. Daher sind die Becher in Saunalandschaften immer aus Kunststoff – manchmal aus Mehrweg-, aber viel zu oft noch immer aus Einwegplastik. Was spricht dagegen, diese Behältnisse durch robuste und spülmaschinenfeste Bambusbecher zu ersetzen? 

 

Veganes statt Currywurst

Aber auch, wenn zwischen Saunagang und Massage der Magen knurrt, sieht es nicht viel besser aus. Bei den Speisen in Spa-Bistros findet sich auch im Jahr 2020 noch viel selbstverständlicher die Currywurst aus Massentierhaltung auf der Karte als ein leckeres veganes Curry mit deutlich besserer Klimabilanz. Auch hier darf umgedacht werden. Die Nachfrage nach vegetarischen und veganen Speisen zum einen und saisonalen sowie regionalen und qualitativ hochwertigen Lebensmitteln zum anderen wird drastisch steigen. Und dass Plastikstrohhalme verschwinden und gegen Bambushalme ausgetauscht werden, sollte eigentlich gar nicht mehr diskutiert werden müssen. Darüber hinaus dürfen wir davon ausgehen, dass die Gäste in Spa und Kosmetikinstitut in Zukunft noch genauer auf die Inhaltsstoffe der verwendeten Produktlinien achten. Und bei vielen Brands finden sich nach wie vor Mikroplastik und Mineralöl unter den Inhaltsstoffen. Natürlich gibt es alteingesessene Marken, die wie von selbst laufen – einfach, weil sie den Gästen ein Begriff sind. In Zukunft wird sich das aber ändern und ein etablierter Markenname alleine wird nicht mehr ausreichen, um die Kunden zur Buchung eines Treatments zu bewegen.

Im Naturkosmetiksektor hat sich diesbezüglich schon einiges getan. Die meisten Produkte sehen auch nicht mehr nach Naturkosmetik aus. Und auch im High End-Bereich gibt es mittlerweile einige lifestylige Alternativen zu Produkten mit nicht mehr zeitgemässen, weil umweltschädigenden Inhaltsstoffen.

Um den Spa-Footprint zu minimieren, wechselt man vom Einwegbechern aus Plastik zu abwaschbaren Mehrwegbechern

Um den Spa-Footprint zu minimieren, wechselt man vom Einwegbechern aus Plastik zu abwaschbaren Mehrwegbechern

Bei sich selbst anfangen

Aber kommen wir zu den Möglichkeiten, die jeder einzelne von uns hat – nicht nur als Wellness-Profi, sondern auch als Gast. Denn schliesslich summieren sich auch viele kleine Handlungen zu einer spürbaren Wirkung. Es beginnt ja schon mit der Anreise. Denn ganz egal, ob es sich nur um einen Massage- oder Kosmetiktermin in der eigenen Stadt handelt oder um einen Wellness-Urlaub in einem 500 Kilometer entfernten Hotel – wir können entweder mit dem Auto hinfahren oder mit dem ÖV. Wir können in einen Flieger steigen oder ein Bahnticket buchen. Ein zwar ungemütlicher, aber in Summe doch nicht zu unterschätzender Punkt.

 

Berge von Wäsche

Weiter geht’s nach dem Check-in. Leider ist es in den meisten Fällen nachhaltiger, neben den eigenen Badeschlappen auch den eigenen Bademantel und eigene Handtücher mitzubringen. Denn die Wäsche, die in grenznah gelegenen Hotels und Day Spas anfällt, wird nicht selten ins Ausland befördert, dort gewaschen und wieder zurücktransportiert. Ganz abgesehen davon, dass Wäsche zu waschen Wasser und Strom verbraucht.

Auch wer ungern nasse Handtücher und einen feuchten Bademantel mit der U-Bahn nach Hause transportiert, kann darauf achten, einfach möglichst wenig Wäsche zu produzieren. Muss es wirklich nach jedem Saunagang ein frisches Handtuch sein? Das sind Fragen, die wir uns alle zunehmend stellen dürfen und auch stellen sollten.

Die eigene Macht als Endverbraucher darf nicht unterschätzt werden. Es macht also immer auch Sinn, viele Fragen zu stellen und Wünsche zu äussern, etwa im Rahmen einer Gästebefragung. „Ich brauche die Einwegschlappen nicht, ich habe eigene Flipflops dabei.“ – „Ich hätte mir vegane Speisen auf der Karte gewünscht.“ – „Woher kommt das Fleisch im Burger?“ – „Ich finde es nicht gut, dass ich Wasser aus Einwegbechern trinken musste.“ Das hilft den Spa-Betreibern, ihr Angebot zu optimieren, und vermittelt den Befragten zugleich das Gefühl, gehört zu werden.

Letzten Endes bestimmt immer die Nachfrage das Angebot. Nehmen wir also unsere Verantwortung ernst, sei es in der Rolle des Endverbrauchers, der Spa-Managerin oder der Institutsbetreiberin. Damit auch zukünftige Generationen noch die Chance haben, in den Genuss entspannender Retreats zu kommen!

Alles Fake?

Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit wurden in den vergangenen Jahren in immer mehr Spas und Wellness-Einrichtungen echte Kerzen und Teelichter abgeschafft und durch hektisch flackernde LED-Lichter ersetzt. Hierbei verhält es sich wohl ähnlich wie mit Kunstblumen, die nach und nach ihre echten Artgenossen zu vertreiben scheinen. Unabhängig davon, dass man auch hier den Aspekt der Nachhaltigkeit mit einbeziehen und ernstnehmen sollte, gilt es immer zu bedenken, dass die besondere Wohlfühlatmosphäre, die durch echte Kerzen und frische Blumen erzeugt wird, eine spürbar andere ist. Ein Raum mit Fake-Kerzen und Kunstpflanzen fühlt sich sowohl für Gäste als auch für Behandler energetisch anders an.

 

 

 

Autorin:

Jenny Ospelt, die ausgebildete Physiotherapeutin kooperiert seit vielen Jahren als freiberufliche Spa-Therapistin mit verschiedenen Spas. Ausserdem gibt sie auf ihrem Blog I Love Spa persönliche Tipps und Informationen zu den Themen Spa und Wellness.

Kontakt:

mail@ilovespa.de

 

 

 

Text: Jenny Ospelt

Fotos: stock.adobe.com (4), Jenny Ospelt (1)

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