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Krisen managen

Völlig unvermittelt hat das Corona-Virus alles verändert und uns in eine Krise gestürzt. Deren Bewältigung verläuft in bestimmten Phasen. Lassen wir uns bewusst darauf ein, dann kommen wir nicht nur wieder in Balance – wir werden auch stärker.

Veröffentlicht am 20.02.2021

Die Corona-Krise hat Institutsinhaberinnen unvorhergesehen ausgebremst – anders kann man es nicht ausdrücken. Doch jetzt gilt es für die Akteurinnen der Kosmetikbranche sowohl die eigene Motivation als auch die ihrer MitarbeiterInnen aufzubauen – und den Fokus auf mögliche Lösungen zu richten.

«Das war schon ein herber Schlag. Ich musste zwei geringfügig beschäftigte Mitarbeiterinnen freistellen und hätte fast alles verloren. Doch als ich die erste Schockstarre überwunden hatte, sind mir endlich auch wieder Möglichkeiten eingefallen, wie ich durch diese Krise komme», so die Inhaberin eines Kosmetikinstituts. Doch wie geht die Bewältigung solch einer Krise vonstatten? Wenn eine so einschneidende Veränderung derart unvermittelt im Leben auftritt, gerät der betroffene Mensch erst einmal in eine Art Schockzustand. Das ist die erste Phase einer tiefgreifenden Veränderung. Es folgen weitere sechs Stadien, bis durch neue Gewohnheiten die Balance wiederhergestellt wird. Mit diesen insgesamt sieben Phasen möchte ich mich hier befassen. Schliesslich kann man die Corona- Krise durchaus als perfekte Blaupause für die klassischen Etappen einer Veränderung verstehen. Wie auch andere massive Lebenseinschnitte – etwa Scheidung, Kündigung, Krankheit oder Tod eines nahe stehenden Menschen – bringt diese Pandemie mit ihren drastischen Auswirkungen gleich mehrere Bälle ins Rollen.

 

Sich selbst ermutigen

Im eigenen Unternehmen ist es zunächst absolut notwendig, als Inhaber Stärke zu zeigen und eine Vorbildfunktion gegenüber den Mitarbeitern einzunehmen. Das gesamte Team befindet sich momentan in einer Situation (Phase fünf), in der es extrem schwierig ist, die Lösungskompetenz zu erhalten. Denn alle sind erst einmal mit ihren eigenen Sorgen, z. B. um die Existenz und die Familie, beschäftigt. Doch es gibt eine gute Nachricht: Jede dieser Bewältigungsphasen endet nach einer gewissen Zeit. Übersprungen oder ignoriert werden können sie jedoch nicht. Wenn sich Mitarbeitern die Möglichkeit bietet, sich untereinander über die jeweilige Phase auszutauschen, wird ihnen eine grosse Last genommen. Dabei braucht jeder unterschiedlich viel Zeit und es ist wichtig, jeden mitzunehmen.

Am Anfang einer Veränderung steht stets ein Berg aus Problemen, über die anhaltend und intensiv kommuniziert wird. Die Aufgabe der Vorgesetzten ist es, zuzuhören und dafür zu sorgen, dass sich die Mitarbeiter nicht gegenseitig in den emotionalen Zustand der Angst zurückkatapultieren, sondern stetig nach vorne blicken. Ihr Rat ist gefordert und die aktive Unterstützung wird von der Chefin auch erwartet. Deshalb sollte sie über Fakten und Unterstützungsmöglichkeiten, die die Lebensentwürfe der Mitarbeiter betreffen, informationsmässig auf dem neuesten Stand sein.

 

Grübeleien entgegenwirken

Vorgesetzte sollten nicht nur die existenziellen Sorgen ihrer Mitarbeiter ernst nehmen, sie sollten auch dazu beitragen, dass diese nicht permanent darüber nachgrübeln – aus eigenem Interesse. Negative Gedanken stressen und begünstigen die Produktion eines Hormon-Cocktails, der den Körper in den Kampf- oder Fluchtmodus versetzt. Er reguliert daraufhin das Immunsystem herunter, wird anfälliger für Infekte und auch für psychische Erkrankungen. Obendrein sinkt die individuelle Leistungsfähigkeit.

 

Für Zuversicht sorgen

Es ist wichtig, die aktuell belastenden Gedanken abzukoppeln. Das gelingt durch Aktivität, Austausch und Ermunterung. Ziel muss es sein, den Ausstieg aus dem limitierenden Gedankenkarussell zu schaffen, denn das gibt Zuversicht. Das Team trifft bessere Entscheidungen, sieht Lösungen und entdeckt neue Chancen. Zudem handelt es kreativer und effizienter. Führungskräfte, die das siebenstufige Prinzip der Krisenbewältigung verstehen, werden ihre Mitarbeiter auf diesem Weg gut begleiten.

Übungen zur Stressreduzierung

  • Beobachten Sie Ihren Atem. Zählen Sie beim Einatmen bis fünf und halten Sie kurz den Atem an. Fokussieren Sie sich auf diesen Moment oder einen Punkt, den Sie vor sich sehen. Atmen Sie aus, während Sie bis sieben zählen. Das wiederholen Sie dann fünf bis zehnmal – mehrfach am Tag.
  • Vermeiden Sie Gespräche über negativ ausgerichtete Thesen von Nicht-Experten. Halten Sie sich an Fakten und sortieren Sie diese für sich so, dass es Ihnen gut damit geht. Das genügt einmal am Tag.
  • Bewegung, Lachen und mediale Abstinenz begünstigen den Fokus-Wechsel. Haben Sie einen positiven inneren Zustand erreicht, dann kosten Sie diesen aus, indem Sie negativen Input vermeiden.

 

Konstruktiv bleiben – Stimmung verbessern

Werden Probleme und Zukunftsängste innerhalb des Teams zu lange diskutiert, dann sollte die Vorgesetzte dies unterbrechen. Eine langsame, aber konsequente Fokussierung auf Optionen und Lösungen ist unabdingbar, um die Krise zu meistern. Wenn Sie Ihren Mitarbeitern und sich selbst dabei helfen möchten, vom Problem in den Lösungsmodus zu kommen, dann sollten Sie destruktive Sätze dieser Art vermeiden:

  • Wir stehen erst am Anfang der Krise.
  • Das dauert mit Sicherheit Jahre, bis wir uns erholt haben.
  • Das kostet uns den Kopf.
  • Ich habe keine Ahnung.
  • Woher soll ich das wissen?
  • Ich will davon nichts hören!

Nutzen Sie stattdessen konstruktive Formulierungen, um Perspektiven aufzuzeigen:

  • Gemeinsam tun wir alles für eine positive Wende. Ich denke, dass es schneller besser wird, als wir denken. Und dann können wir auch wieder Kraft tanken.
  • Ich glaube an unsere Disziplin und Genauigkeit – und an euch als Team. Das schaffen wir!
  • Wir sind ein starkes Team. Gemeinsam finden wir Wege, um uns wieder gut aufzustellen.
  • Ich mache mich schlau und gebe euch Bescheid. Wir finden eine Lösung! Alle diese Äusserungen haben dieselbe Aussagekraft. Psychologisch gesehen wirken sie sich jedoch unterschiedlich auf die Stimmung aus. Die Wirkung der Gedanken auf den Körper ist bewiesen, rhetorische und mentale Gewandtheit kann deshalb sehr viel bewirken.

 

Bewältigungsstadien

In sieben Schritten – vom Schock bis zur Neuordnung

Phase 1: Schock Wie das Kaninchen im Scheinwerferlicht Die Corona-Krise sorgte bei uns für eine Art Schockstarre, z. B. im Hinblick auf die Erstinfizierten, die schwierige Lage in Heinsberg, die Absage aller Veranstaltungen, Schul- und Kita-Schliessungen, Ausgangsbeschränkungen und natürlich die Schliessung aller Kosmetikinstitute. So wurde jeder von uns unvermittelt in einen heftigen Change-Prozess gestürzt – sei es geschäftlich, gesundheitlich oder psychisch.

Phase 2: Verneinung Den Kopf in den Sand stecken Auf die Schockstarre folgt stets die Verleugnungsphase. Man will die Situation nicht wahrhaben und wehrt sich gegen die Veränderung. Die Krise wird heruntergespielt, mitunter ins Lächerliche gezogen oder einfach ignoriert.

Phase 3: Aggression Jetzt reichts! Wenn sich das Dilemma nicht auflöst, dann folgt der Ärger. Es macht einen wütend, wenn man seine Komfortzone verlassen muss und dabei womöglich noch aus der Zielgeraden katapultiert wird. In dieser Zeit werden Massnahmen zur Sicherung des Status quo ergriffen – mit hohem Energieaufwand. Kennzeichnend für diese Phase ist der (Irr-)Glaube, das Ganze mit massiver Gegenwehr verhindern oder einfach aussitzen zu können.

Phase 4: Rationale Einsicht Nichts ist mehr, wie es war Nach der Phase der Aggression folgt die rationale Einsicht. Die Erkenntnis, dass die Veränderungen unvermeidbar sind, löst Frustration und das Gefühl von Hilflosigkeit aus. In dieser Phase geht es in der Regel rasch abwärts mit der Motivation und damit auch mit der Handlungskompetenz.

Phase 5: Emotionale Akzeptanz Das macht doch keinen Sinn mehr Zeitverzögert folgt schliesslich die emotionale Akzeptanz. Diese wird von Trauer und dem Gefühl des Aufgebens begleitet. Die Betroffenen fallen mental geradezu in sich zusammen – der eine früher, der andere später. Ängste erhöhen den Druck. Wie lange diese Phase dauert, hängt stark von der emotionalen Kontrolle und der individuellen Konstitution ab.

Phase 6: Anpassung Kommunikation führt zur Offenheit für Neues Die Führungskraft nutzt ihre kommunikativen Fähigkeiten, um eine positive Zukunft zu skizzieren. So baut sie ihr Team auf und stärkt es. Umgekehrt wird sie durch dessen steigende Motivation belohnt. Mit Fingerspitzengefühl führt sie einen nach dem anderen zurück zur Handlungskompetenz. In dieser Phase entstehen neue Ideen und Möglichkeiten, um den gemeinsamen Weg weiter zu beschreiten.

Phase 7: Neuordnung Die andere Komfortzone Aus Ideen werden Taten – und die geben Mut und steigern das Selbstvertrauen. Das Team kehrt stärker, erfahrener und mit neuer Energie zum Arbeitsalltag zurück. Jetzt ist es an der Zeit, die vergangenen Monate zu analysieren und lehrreiche Schlüsse daraus ziehen.

Die Stärke unserer Seele

Wie kann die Psyche selbst in schwierigen Zeiten gesund bleiben? Mit dieser Frage beschäftigt sich Prof. Dr. Raffael Kalisch. Der Spezialist für die Bildgebung des menschlichen Gehirns erforscht mit seiner Arbeitsgruppe am Leibniz- Institut für Resilienzforschung grundlegende Mechanismen der Resilienz. In seinem kurzweiligen Buch veranschaulicht er diese nicht nur. Kalisch lässt auch neueste wissenschaftliche Erkenntnisse einfliessen und schlägt dabei den Bogen von jubelnden Neuronen zu Grizzlyba?ren.

Piper-Verlag CHF 15.95

 

 

 

 

Malaika Loher

Die Motivationsexpertin, Autorin und Vortragsrednerin unterstützt seit 15 Jahren als Coach Menschen in ihrer persönlichen Entwicklung. Ausserdem trainiert sie Führungskräfte und Teams für mehr Leistungsfähigkeit und Zufriedenheit.

info@malaikaloher.de

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