Urea – Vielseitiger Allrounder
Harnstoff ist ein wahres Multitalent! Besonders in der Fusspflege bewahren seine feuchtigkeitsbindenden Eigenschaften vor belastenden Hautschäden.
Kaum ein Wirkstoff hat sich in der Fuss- und Körperpflege sowie im kosmetischen und medizinischen Bereich so einen festen Platz erobert wie der Harnstoff. Als «Allrounder» zeichnet sich Harnstoff (lat. «Urea») gleich durch mehrere positive Effekte aus und hat sich somit in vielerlei Hinsicht bewährt. So nutzt man Urea heute zur Gesichts- und Körperpflege ebenso wie bei der professionellen Fusspflege. Im medizinischen Bereich verwendet man Urea-haltige Produkte zur Behandlung von Hauterkrankungen, die mit starker Hauttrockenheit und Verhornungsstörungen einhergehen, wie es z. B. bei Ekzemen, Schuppenflechte und Neurodermitis der Fall ist. Vor allem aufgrund seiner feuchtigkeitsspendenden Wirkung wird Urea geschätzt. Doch darüber hinaus hat Harnstoff noch weitere wichtige Eigenschaften.
Intakte und geschmeidige Haut
Feuchtigkeit und hauteigene Fette, sogenannte Lipide, sind die Stichworte, die fallen, wenn es um die Voraussetzungen für eine intakte und geschmeidige Haut geht. Hier spielen die natürlichen Feuchthaltefaktoren der Epidermis (Oberhaut) eine wesentliche Rolle. Die Natural Moisturizing Factors (NMF), zu denen neben bestimmten Aminosäuren, Milchsäure, Glukose und Salzen vor allem Harnstoff zählt, sind Bestandteil unseres Schweisses. Durch ihre wasseranziehende und wasserbindende (hygroskopische) Wirkung sorgen sie für die Speicherung von Feuchtigkeit in der Hornschicht der Oberhaut ebenso wie im Säureschutzmantel der Haut. Dieser dünne Film schützt die Haut nicht nur vor schädigenden Substanzen und Krankheitserregern, sondern auch vor einem transepidermalen Wasserverlust. Das bedeutet, er bewahrt die Epidermis vor der Verdunstung von Feuchtigkeit. Fehlt es der Haut an natürlichen Feuchthaltefaktoren und Lipiden, hat dieser «trockenfettarme» bzw. «hydrolipidarme« Zustand zur Folge, dass das Wasserbindungsvermögen der Oberhaut abnimmt. Aber auch der Hydrolipidfilm leidet. Damit wird die Haut nicht nur trockener und unelastisch, sondern auch schuppig und rissig. Ausserdem wird sie anfällig für Entzündungen.
Bei Menschen mit Neurodermitis, Psoriasis vulgaris (Schuppenflechte) aber auch diabetesbedingter trockener Haut kann das Harnstoffdefizit bei bis zu 90 Prozent liegen.
Hilfe bei trockener Haut
Bei trockener Haut ebenso wie bei Verhornungsstörungen trägt Urea zur Linderung bzw. zur Normalisierung des Hautzustandes bei. Folgende Eigenschaften zeichnen Harnstoff aus:
Hydratisierende Wirkung: Als natürlicher Feuchthaltefaktor dringt Urea in die Epidermis ein und bindet dort Feuchtigkeit. Bei regelmässiger Anwendung nimmt dadurch der transepidermale Wasserverlust ab, während der Feuchtigkeitsgehalt der Haut zunimmt. Durch die Hydratisierung gewinnt sie an Glätte, Elastizität, Geschmeidigkeit und Regenerationsfähigkeit. Insgesamt ist die Epidermis besser vor äusseren austrocknenden sowie irritativen Einflüssen geschützt. Gegen trockene (Fuss-)Haut bietet der Markt Pflegeprodukte mit Urea-Konzentrationen von drei, fünf und zehn Prozent, wobei die feuchtigkeitsspendende Wirkung mit der Höhe des Harnstoff-Gehaltes steigt. Ab einer Konzentration von zehn Prozent hat Harnstoff ausserdem einen juckreizstillenden Effekt.
Penetrationsfördernde Wirkung: Durch die Urea-bedingte Bindung von Feuchtigkeit in der Hornschicht lockert sich zudem deren kompakte Struktur. Auf diese Weise können in dem jeweiligen Produkt zusätzlich enthaltene pflegende oder auch therapeutische Wirkstoffe, wie z. B. Kortison, leichter durch die Haut eindringen. Gleichzeitig bleibt jedoch die Schutzfunktion der Haut gegenüber Krankheitserregern und Schadstoffen erhalten.
Keratoplastisch-keratolytische Wirkung: In einer Konzentration von fünf bis zehn Prozent bewirkt Urea in der Epidermis einen Abbau der Verbindungen zwischen den abgestorbenen Hornzellen. Durch diesen sogenannten keratoplastischen Effekt verbessert sich die physiologische Abschuppung der Haut.
Die keratolytische Wirkung wiederum, die sich mit einer Urea-Konzentration von 30 Prozent erzielen lässt, erfolgt durch die direkte Zerstörung der Hornzellen. Hierdurch werden die Hornzelllagen reduziert. So kommen entsprechende Rezepturen beispielweise bei hyperkeratotischen Hauterkrankungen wie etwa einer Psoriasis zur Anwendung. Cremes und Salben mit einem Gehalt von 40 Prozent Urea sowie einem Antimykotikum nutzt man zur keratolytischen Behandlung pilzinfizierter Nägel. Im Fall von Warzen kommen Präparate mit 40 bis 50 Prozent Harnstoff zum Einsatz. Darüber hinaus wird Harnstoff auch eine leicht antimikrobielle Wirkung zugeschrieben.
Mit Vorsicht anwenden
Als körpereigenes Stoffwechselprodukt hat Urea kein allergenes Potenzial und so zeichnet sich auch der in Pflegeprodukten verwendete synthetische Harnstoff durch seine gute Verträglichkeit aus. Allerdings kann es vorkommen, dass Menschen mit empfindlicher Haut keinen Harnstoff vertragen. Auch auf entzündeter oder verletzter Haut wie z. B. bei tiefen, nässenden oder blutenden Rhagaden dürfen Urea-haltige Produkte nicht zur Anwendung kommen.
Kontraindiziert ist auch die grossflächige Anwendung entsprechender Pflege-Präparate bei Patienten mit einer eingeschränkten Nierenfunktion (Niereninsuffizienz). Aufgrund der keratolytischen Wirkung sollten bei Patienten mit atrophischer Haut keine Pflegeprodukte mit einer höheren Urea-Konzentration verwendet werden.
Ammoniak und Harnstoff
Werden im menschlichen Organismus Aminosäuren ab- oder aufgebaut, entsteht dabei Ammoniak bzw. Ammonium. Dieses giftige Nebenprodukt des Stoffwechsels wird zum Grossteil in der Leber in unschädlichen Harnstoff umgewandelt und vor allem über die Nieren ausgeschieden. Aber auch im Schweiss ist das körpereigene Entgiftungsprodukt enthalten. Verdunstet der Schweiss auf der Haut, hinterlässt er dort Harnstoff als wichtigen Bestandteil der Natural Moisturizing Factors (NMF) und des Säureschutzmantels.
Trockene Fusshaut
Je nach Ausprägung des Fett- und Feuchtigkeitsmangels kommt es zu Beschwerden bzw. Symptomen wie Spannungsgefühlen, Juckreiz und Brennen, einer Rötung der Haut und Rauigkeit mit leichter Schuppenbildung. An besonders druck- und reibungsbelasteten Arealen der Füsse bildet sich zudem übermässige Hornhaut, wobei die Hyperkeratose an den Fersen häufig schmerzhafte Rhagaden zur Folge hat. Diese können bis tief in die Lederhaut reichen und bluten. Ausserdem bieten die Risse Krankheitskeimen eine ideale Eintrittsstelle. Aber auch drückende Schwielen und schmerzhafte Hühneraugen sind oft das unliebsame Ergebnis trockener Fusshaut. Vor allem bei älteren Menschen kann die stark trockene Haut zudem zu einem chronischen Austrocknungs-Ekzem führen, das sich vor allem an den Schienbeinen zeigt. Typisch für ein solches «Exsikkationsekzem» sind rötliche, netzförmige, leicht schuppende Fissuren in der Epidermis, die an eine rissige Porzellanglasur erinnern. Das Ekzem verstärkt sich nicht nur in der kalten Jahreszeit, auch häufiges Duschen mit heissem Wasser fördern die Hautveränderungen, die Fissuren können sich entzünden. All das zeigt, wie wichtig eine regelmässige adäquate Hautpflege z. B. mit Urea ist.
Text: Karen Becker
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